Oktoberfest-Attentat: Ist die Einzeltäterthese noch zu halten?

Das Oktoberfest-Attentat am 26. September 1980 ist bis heute der schwerste Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik: Als die aus 1,39 kg TNT bestehende Bombe gegen 22 Uhr explodierte, wurden drei Kinder, zwei Jugendliche und acht Erwachsene getötet, mehr als 200 Menschen durch herumfliegende Metallteile verletzt. Das markierte eine „völlig neue Dimension des Grauens“, wie der „Spiegel“ berichtete: „Denn die extreme Linke hatte den Tod x-beliebiger Mitbürger bei ihren Anschlägen auf Bankiers und Politiker zwar stets in Kauf genommen, aber nicht gesucht“. Mehr als 30 Jahre lang galt der Anschlag als Werk eines Einzelnen, der aus „Universalhaß“ gehandelt habe. Nun wurden weitere – vielleicht entscheidende Hinweise – bekannt, die nahelegen, dass es eine Gruppentat war.

„So sieht Krieg aus“

Theresienwiese, 26. September 1980: Der Journalist Ulrich Chaussy zitierte einen Zivildienstleistenden, der sich vor Ort befand:

„Ich vergesse das Bild nicht, ich habe es oft geträumt. Im Vordergrund die Toten, die Schwerverletzten am Boden, im Hintergrund die Menschenwand mit Polizisten, und ganz im Hintergrund ging der Betrieb auf dem Oktoberfest weiter. Das Riesenrad drehte sich, die übliche Oktoberfestmusik war zu hören, und das Jauchzen und Kreischen der Leute in der Achterbahn, die ihren Spaß hatten. […] Ich dachte: Hier ist ein Schlachtfeld; so sieht Krieg aus.“

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Ort des Anschlags: Eingang zur Theresienwiese, Credit: Autor

„Zur Tagesordnung übergegangen“

Ungeachtet der hohen Opferzahl sei das Land aber rasch „zur Tagesordnung übergegangen“, meinte Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel ein Jahr danach auf einem regionalen Parteitag der SPD. Wäre das auch der Fall gewesen, wenn der Täter nicht aus rechtsextremen, sondern aus linken Kreisen gestammt hätte? Dann wäre sehr viel mehr darüber diskutiert worden, meinte Vogel damals und fügte hinzu, dass ihm dieser Unterschied etwas „zu schaffen“ mache.

Die jahrelange Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), die – nach allem was man weiß – zwischen 2000 bis 2007 zehn Opfer forderte, hat von neuem eine Diskussion über die Verharmlosung des rechtsextremen Terrors entzündet. Gegen den NSU war erst ab 2011 nach ihrem Auffliegen als „terroristische Vereinigung“ ermittelt worden, während man sich zuvor auf das Milieu der organisierten Kriminalität konzentriert hatte. Von daher taten sich Parallelen zum Oktoberfest-Attentat auf, das nach drei Jahrzehnten wieder verstärkt thematisiert wurde. Einen Höhepunkt dieser Auseinandersetzung bildete der Spielfilm „Der blinde Fleck“ (2013), der auf dem Buch von Chaussy beruht, der als einer der ersten die Hintergründe des Attentats recherchierte.

Chaussys ursprüngliche Recherchen waren vor allem ein Ergebnis von Zweifeln an den offiziellen Ermittlungsergebnissen: Diese hielten 1982 fest, der 21-jährige Geologiestudent Gundolf Köhler habe das Attentat alleine geplant und durchgeführt. Die Ermittlungen hatten zwar ergeben, dass Köhler mindestens seit 1977 in Kontakt mit rechtsextremen Kreisen, darunter auch mit der Wehrsportgruppe (WSG) Hoffmann, gestanden hatte – aber im Abschlussbericht der Generalbundesanwaltschaft war dennoch nur von persönlichen Motiven („private Frustration und Universalhass gegen die Menschheit“) die Rede.

Die „These von der Alleintat und das Charakterbild des auf die Tat passenden Täters“ erschienen Chaussy immer zweifelhafter. Seine Nachforschungen zu Köhlers Hintergrund erbrachten ein ihm selbst „gänzlich unerwartetes, umgekehrtes Resultat“. Ihm bot sich das Bild eines „ambivalenten, eines schwankenden Menschen“, der jedoch zu „orten“ und „rekrutierbar“ gewesen sei. Dementsprechend erachtet Chaussy die Darstellung Köhlers als verbitterten Einzeltäter als „unhaltbar“.

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Ein Denkmal markiert die Stelle der Detonation, Credit: Autor

„Es ist Wolfszeit!“

Die zwielichtige Rolle staatlicher Stellen, gibt bis heute Anlass für Spekulationen. In Wolfgang Schorlaus Roman „Das München-Komplott“ (2009) ist das Oktoberfest-Attentat das Werk von westlichen Geheimdienstlern. Diese instrumentalisieren terroristische Gewalt, um den Status quo abzusichern. Der Schweizer Historiker Daniele Ganser wiederum bringt den Anschlag in seinem Buch „NATO’s Secret Armies. Operation Gladio and Terrorism in Western Europe“ (London 2005) in Zusammenhang mit der Stay Behind Organisation (SBO) des Bundesnachrichtendiensts (BND), die Teil eines entsprechenden Netzwerks der NATO war. Köhlers Bombe könnte, so Ganser, aus einem 1981 entdeckten Waffendepot von Heinz Lembke stammen, der angeblich selbst Teil der SBO-Struktur war (wofür es keine Belege gibt).

Anstatt Waffen und Sprengstoff für den Fall einer sowjetischen Invasion bereitzuhalten, habe Lembke damit andere Rechtsextremisten für Anschläge versorgen wollen. Die Causa konnte wegen Lembkes Selbstmord nicht aufgeklärt werden. Er erhängte sich nachdem er angekündigt hatte, „auszupacken“. Ein Abschiedsnotiz wurde gefunden:

„Es ist Wolfszeit!“

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Ehemaliges Hauptquartier der SBO in München. Das Gebäude ist generalsaniert. Credit: Autor

Mitten in einem „heißen“ Wahlkampf

Für Chaussy manifestieren sich dunkle Ränkespiele in politisch motivierten Ablenkungsmanövern unmittelbar nach dem Anschlag: Das Oktoberfest-Attentat fiel zeitlich in die „heiße“ Schlussphase des Bundestagswahlkampfes, der vor allem zwischen Amtsinhaber Helmut Schmidt und dem bayrischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß als Kanzlerkandidat der Unionsparteien geführt wurde.

Als sich der rechtsextreme Hintergrund von Köhler und dessen Nähe zur WSG Hoffmann herausstellten, war dies für Strauß insofern brisant, weil die bayrische Landesregierung in der Vergangenheit ein Verbot eben dieser Gruppe immer wieder abgelehnt hatte – bis Bundesinnenminister Gerhart Baum Anfang 1980 diesen Schritt von sich aus unternahm. Um daraus resultierenden möglichen Schaden für den Wahlkampf von Strauß abzuwenden, gab der Leiter der Abteilung Staatsschutz im bayrischen Innenministerium, Hans Langemann, unmittelbar nach dem Anschlag Ermittlungsinterna an ausgewählte Journalisten weiter. Diese vermeldeten dann:

„Bayerns Verfassungsschützer hatten die Rechtsextremisten unter Kontrolle – besonders die ‚Wehrsportgruppe Hoffmann‘ (WSG). Der jüngste Stand zeigt, dass der Bonner Vorwurf der Verharmlosung neonazistischer Umtriebe in Bayern nicht zutrifft.“

Die gezielte Indiskretion beeinträchtigte den Gang der Erhebungen – vor allem Köhlers Umfeld wurde so vorzeitig gewarnt, was Spuren verwischte. Dass zuvor die Gefährlichkeit der „paramilitärischen“ Wehrsportgruppe verharmlost worden war, bringt ein Zitat von Strauß auf den Punkt, der sich drei Monate nach der WSG-Auflösung durch Baum darüber mokiert hatte:

„Mein Gott, wenn sich ein Mann vergnügen will, indem er am Sonntag auf dem Land mit einem Rucksack und einem mit Koppel geschlossenen ‚battledress‘ spazieren geht, dann soll man ihn in Ruhe lassen.“

„Mit dem Latein am Ende gewesen“

Für die Unzulänglichkeiten des Ermittlungsverfahrens gibt es auch in der aktuellen NSU-Affäre Parallelen, so Chaussy:

„Die Geschichte des Oktoberfest-Attentats und der gescheiterten Aufklärung dieses Terroranschlags erwies sich als Vorgeschichte, als ein lange schon bestehender blinder Fleck in der Wahrnehmung der Gefahren des Rechtsextremismus.“

Für dieses Versagen spreche auch, dass bei der Generalbundesanwaltschaft gelagerte Asservate, die man nun auf DNA-Spuren hätte untersuchen können, Ende der 1990er Jahre vernichtet wurden. Einer der damaligen Ermittler in der Sonderkommission „Theresienwiese“, Klaus Pflieger, gibt gegenüber Chaussy offen an:

„Wir haben zahlreiche Hinweise gehabt, dass andere beteiligt waren, unstreitig. […] Und dann sind wir irgendwann mit unserem Latein am Ende gewesen. Deshalb ist das Verfahren eingestellt worden.“

Rechtsextreme Netze

Die WSG Hoffmann befand sich 1980/81 im Libanon, wo sie für PLO Kraftfahrdienste leistete und beim Bunkerbau half. Ein enger Unterführer von Karl-Heinz Hoffmann beging 1980 in Erlangen den Mord an dem Verleger Shlomo Lewin und dessen Frau. Auch wenn bislang kein Beweis für eine Involvierung der WSG Hoffmann in das Oktoberfest-Attentat gefunden werden konnte, so habe die Wehrsportgruppe so wie die Unterstützerszene im Falle der NSU ein „fatales Umfeld aus verhetzender Propaganda, Paramilitarismus und falscher Kameradschaft“ geboten (Chaussy).

2014 wurde ein Dokument des BND freigegeben, aus dem hervorgeht, dass Hoffmanns Gruppe kurze Zeit vor dem Anschlag Kontakt mit italienischen Rechtsextremisten von Ordine Nuovo hatte:

„Es sei über mögliche Anschläge in der Bundesrepublik Deutschland und Italien gesprochen worden.“

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Gedenkveranstaltung zum 25. Jahrestag (Credit: Rufus46/wikimedia commons)

Neue Zeugin, neue Dokumente

2014 bekam der Opferanwalt Werner Dietrich Einsicht in bislang unter Verschluss gehaltene Spurenakten des bayrischen Landeskriminalamts. Sollten sich in irgendeiner Form neue Hinweise ergeben, könnte das dazu beitragen, dass die Untersuchungen wieder aufgenommen werden – so wie das auch der bayerische Landtag 2011 in einem überparteilichen Beschluss gefordert hat.

Im Dezember 2014 war es soweit: Die Ermittlungen wieder aufgenommen, nachdem eine zuvor nicht bekannte Zeugin auf einen möglichen Mitwisser des Anschlags verwiesen hatte. Daraufhin beauftragte Generalbundesanwalt Harald Range das bayerische Landeskriminalamt, sich wieder mit dem Fall zu befassen. Die Zeugin, die1980 als Studentin in München Sprachkurse für Aussiedler gab, hatte einen Schüler, den Rechtsradikalen Andreas W., so der „Spiegel“:

„Durch Zufall will sie im Spind von W. am Tag nach dem Bombenanschlag Flugblätter gesehen haben, auf denen Gundolf Köhler als Held verehrt wurde. Doch zu dem Zeitpunkt hatte die Polizei Köhlers Namen noch gar nicht bekannt gegeben.“

Nun, 2017, wurde bekannt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eingeräumt hat, dass es in der eigenen Sachakte zum Oktoberfestattentat

„Hinweise auf und Recherchen nach weiteren Tätern außer Gundolf Köhler“ gibt.

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Die Einzeltäterthese erhält damit weitere Risse. 2020 stellte aber die Generalbundesanwaltschaft das wiederaufgenommene Ermittlungsverfahren ein. Weitere Täter hatten nicht ausgeforscht werden können. Allerdings wurde zum ersten Mal offiziell festgehalten, dass das Oktoberfestattentat ein Akt des Rechtsterrorismus gewesen ist:

„Gundolf Köhler handelte aus einer rechtsextremistischen Motivation heraus. Dies folgt aus seinen Kontakten in rechtsextremistische Kreise, seinen kurz vor der Tat getätigten Äußerungen, wie man die bevorstehende Bundestagswahl beeinflussen könne, sowie seinem in diesem Zusammenhang ebenfalls geäußerten Wunsch nach einem dem nationalsozialistischem Vorbild folgenden Führerstaat. Etwaige persönliche Beweggründe und festgestellte Problemfelder in der Persönlichkeit von Gundolf Köhler haben eine solche vorherrschende politische Motivation nicht in Frage gestellt.“

Verbindungen nach Österreich

Im Vorfeld des Staatsbesuchs von Erich Honecker in Wien im November 1980 analysierte die DDR-Staatssicherheit mögliche Bedrohungsquellen von rechts- wie linksextremer Seite. Unter anderem heißt es in dem Dokument: „Die illegal weiterhin aktive ‚WSG‘ verfügt über intakte Verbindungen nach Österreich. Zur Finanzierung existiert ein sog. ‚Freundeskreis‘, dessen Mitglieder zum Teil auch in Österreich ansässig sind. Bekannt ist u. a. das Mitglied der österreichischen NDP [Nationaldemokratische Partei, Name geschwärzt]. Über ihn gibt es Verbindungen zur ‚Aktion Neue Rechte‘. Seine Ehefrau ist Verantwortliche für die Standortgruppe Salzburg der ‚ANR‘.“ An anderer Stelle heißt es, der Verband österreichischer Kameradschaften, eine Abspaltung des Österreichischen Kameradschaftsbunds (ÖKB), sei in Kontakt mit der WSG. Für den 17. Mai 1980 war ursprünglich ein Treffen unter Teilnahme von Mitgliedern der WSG und der ANR geplant gewesen.

Wenige Monate vor dem Oktoberfestattentat hatte ein ähnlicher Verband wie die WSG-Hoffmann in Österreich für Schlagzeilen gesorgt: Der Verein „Kameradschaft Babenberg“. Es handeltet sich um eine Gruppe junger Neonazis, die sich seit 1979 rund um den abgelegenen Lindenhof bei Rapottenstein hartem Drill unterzog: Karate, Schießen, Konditionssport sowie militärische Geländeübungen. Zu diesem Zweck war der Hof mit einer „militärischen Hindernisbahn“, einem Schlafsaal für 60 Personen, einer Sporthalle und „diversen Wehrsportanlagen“ ausgestattet worden.

Gegründet hatte die „Kameradschaft Babenberg“ 1969 der wegen Wiederbetätigung verurteilte Ex-Wehrmachtoffizier Arthur Maichanitsch – als Teilorganisation des ÖKB. Der weltweit gesuchte NS-Kriegsverbrecher Alois Brunner erteilte von seinem Fluchtort Damaskus aus Ratschläge – so schrieb er 1969 an Maichanitsch: „Vor allem ihre jungen Menschen nicht nur gegen Ungeist und Unrat demonstrieren lassen, sondern vielmehr auf weitere Fortbildung raten, damit sie dann für die nachkommenden Babenberger viel tun können.“

Als Anfang April 1980 in der Vereins-Zeitschrift „Der Babenberger“ unter der Überschrift „Der Staatsvertrag ist ein Diktat“ großdeutsche Ideen propagiert wurden, leitete das Innenministerium die Auflösung ein. Doch wie „profil“ 1980 berichtete, gingen die Übungen im Waldviertel weiter: „Jedes Wochenende raffen sich Wiener Freizeitfaschisten zu ‚wehrsportlicher Ausbildung und Schulung‘ auf, robben durch Schlamm und Dreck und nehmen auch mal Bolschewisten aus Pappe mit Kleinkaliber unter Beschuss. […] Österreichs Staatschützer in Zivil haben die emsigen Hoffmann-Jünger im Aug, bleiben aber auf distanziertem Beobachterposten. Die biederen Waldviertler finden kein arg, an dem ‚eh si friedlichen‘ Nazimilitärlager und stauen allenthalben darüber dass der ‚Lindenhof‘ recht oft Besucher aus der Bundesrepublik hat.“ 

Ein „Pfingstlager“ im Lindenhof 1983 verlief dennoch nicht zur Zufriedenheit von Gottfried Küssel, der Anfang der 1980er Jahre der „quasi militärische Ausbildner“ der ANR war. In seiner „Lagerbeurteilung“ hieß es: „Gesamt gesehen muss auf das Schärfste der Stab gerügt werden, da die Küche an keinem Abend zusammengeräumt war und einen chaotischen Eindruck machte. Auch die äußere Form der Stabsgruppe ließ sehr zu wünschen über (Alkoholismus am Abend).“

Unmittelbar nach dem Oktoberfestattentat wurde seitens des Innenministeriums „jenen Kreisen erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet“, wo man Kontakte zur WSG Hoffmann vermutete. „Zum Einschreiten gab es jedoch keinen Anlass“, berichtete der damalige Innenminister Erwin Lanc am 30. September 1980, vier Tage nach dem Attentat. Vorwürfe auf dem rechten oder auf dem linken Auge blind zu sein, wies Lanc zurück. Die rechtsextremen Gruppen in Österreich habe man unter Kontrolle: „Soweit sie im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaats erfassbar sind, werden sie auch erfasst.“ So sei den Behörden seit längerem bekannt gewesen, dass die WSG Hoffmann über Österreich Transporte von ausrangierten Bundeswehrfahrzeugen (Jeeps und Motorräder) in den Nahen Osten vornahm – und diese vorzugsweise an die Palästinensische Befreiungsfront (PLO) im Libanon verkaufte.

Man lasse hier „ein wachsames Auge obwalten“, meinte Lanc. Einen Tag nach dem Oktoberfestattentat, am 27. September 1980, war ein solcher Konvoi von drei Unimog-LKWs und drei VW-Kübelwagen um 13.50 Uhr an der bayrisch-österreichischen Grenze bei Schwarzbach gestoppt und zurückgeschickt worden. Vier WSG-Leute versuchten es am 1. Oktober 1980 mit drei Unimogs und drei VW-Kübelwagen erneut an derselben Stelle, ohne Erfolg. Zwischenzeitlich waren 16 WSG-Leute festgenommen und schnell wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Man hatte ihnen nichts nachweisen können.

Auch die Generalbundesanwaltschaft konnte in ihren Ermittlunen keinen über die zeitliche Koinzidenz hinausgehenden Bezug zwischen dem am deutsch-österreichischen Grenzübergang festgestellten Fahrzeugkonvois der WSG und dem Oktoberfestattentat feststellen: „Es ist davon auszugehen, dass das Unternehmen nicht der Flucht von Tatbeteiligten, sondern dem Transport von ausrangierten Militärfahrzeugen in den Libanon dienen sollte.“

Schon im Verfassungsschutzbericht von 1980 hielt das deutsche Bundesinnenministerium fest: „Mitglieder des 1979 gegründeten österreichischen ‚Nationalistischen Bundes Nordland‘ [NBN] unterhielten Verbindungen zur Wehrsportgruppe Hoffmann bis zu deren Verbot. Das NBN-Organ ‚Der Stoßtrupp‘ verbreitet nationalsozialistisches Gedankengut. Wiederholt fuhren deutsche Rechtsextremisten im Berichtsjahr zu Gesinnungsgenossen nach Österreich. So fanden ‚Führergedenkfeiern‘ in Braunau und ein ‚Wiking-Jugend-Lager‘ in Kärnten statt. An der deutsch-österreichischen Grenze wurden wiederholt deutsche Rechtsextremisten zurückgewiesen.“

Der NBN war 1979 entstanden. Seine Mitglieder traten in SS-ähnlichen Uniformen auf und hielten Wehrsportlager ab. Viele stammten ursprünglich aus der ANR, die ihnen nun aber zu gemäßigt war. Ein Mitglied der NBN, Attila Bajtsy, war nachweislich auf Schloss Emreuth bei WSG-Chef Hoffmann zu Gast und nahm an Übungen teil. Publizistische Unterstützung  wiederum kam von der Neonazi-Postille „Sieg“ des NDP-Aktiven Walter Ochensberger. Diese widmete sich nicht nur 1979 dem Thema „Frauen in der WSG“, sondern beklagte nach dem Verbot der Wehrsportgruppe den „Justizterror in der BRD“.

Was die weiteren Kontakte der WSG Hoffmann nach Österreich angeht, so wurde der eingangs erwähnte „Freundeskreis zur Förderung der WSG“ von einem Salzburger Spengler und NDP-Mann geleitet – mit dem erklärten Zweck, „die materiellen Voraussetzungen zur Erhaltung und Ausbreitung der WSG zu organisieren“. Mit dabei war ein ÖVP-Kommunalpolitiker, der Hoffmann 1975 bei einem Schwimmwagen-Treffen am Mondsee kennengelernt hatte (nach dem Verbot der WSG Hoffmann distanzierte er sich: „Für mich ist das seit Jahren abgeschlossen“). 1983 wurde dann in Graz ein Neonaziring ausgehoben, der Anschläge gegen Gedenkstätten ausgeführt hatte. Einer der Festgenommen war deutscher Staatsbürger mit Verbindungen zur WSG Hoffmann.