„Wir haben nicht viel erreicht, um den Lauf der Geschichte zu verändern, oder?“ Zu diesem bitteren Schluss kommen zwei gealterte Spione in Silverview, einem Romanfragment des britischen Schriftstellers John Le Carré. Tatsächlich haben Geheimdienste selten entscheidenden Einfluss auf den Gang weltpolitischer Ereignisse ausgeübt. Es gibt aber auch Beispiele für das Gegenteil. So spielten österreichische Emigrantinnen und Emigranten in den 1930er- und 1940er-Jahren eine große Rolle in der Geschichte der Spionage: Engelbert Broda, Arnold Deutsch, Alice („Litzi“) Friedmann, Edith Tudor-Hart (geborene Suschitzy) und Peter Smolka leisteten dem sowjetischen Geheimdienst und der Kommunistischen Internationalen (Komintern) in verschiedenen Rollen Unterstützung. Rückblickend kann man von einem Wiener Spionagezirkel sprechen, dessen Geschichte nun erstmals zusammenhängend in einer Publikation erzählt wird.
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Jan Marsalek und die russischen Geheimdienste
Jan Marsalek war Chief Operating Officer (COO) und Vorstandsmitglied des Internet-Zahlungsanbieters Wirecard. Gegen den gebürtigen Wiener wurde in der Causa rund um den Zusammenbruch des einstigen deutschen Fintech-Vorzeigeunternehmens Anklage erhoben. Marsalek ist seit 2020 flüchtig und wird verdächtigt, Geldwäsche und Bilanzfälschung mit einer Schadenssumme von 1,9 Milliarden Euro betrieben zu haben. Er wird in Russland vermutet.[1] Marsalek war aber nicht nur ein mutmaßlicher Wirtschaftskrimineller, sondern wurde auch eng mit Geheimdiensten in Zusammenhang gebracht. Er selbst hatte ein ausgeprägtes Faible für die Welt der Spionage. „James Bond war sein Ding“, sagte ein Bekannter des flüchtigen Managers, „Geheimdienste seine Faszination.“[2] Auch ein Arbeitskollege schilderte Marsalek als „James-Bond-Typ“.[3] Der genaue Hintergrund von Marsaleks Geheimdienst-Connection ist bis heute ungeklärt. Dieser Beitrag nimmt eine Bestandsaufnahme vor und präsentiert neue Erkenntnisse aus österreichischen und internationalen Archiven.
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