„Am helllichten Tag kann ja nichts passieren“: Das rätselhafte Verschwinden des Heinz Krug

2016 erregten die Journalisten Dan Raviv und Yossi Melman große Aufmerksamkeit: In einem Artikel für eine israelische Tageszeitung meldeten sie, Otto Skorzeny habe einen Auftragsmord für den Nachrichtendienst Mossad verübt. Ausgerechnet Hitlers bevorzugter Kommandosoldat und zeitlebens überzeugter Nationalsozialist habe den deutschen Manager Heinz Krug „verschwinden“ lassen – weil dieser das gegen Israel gerichtete ägyptische Raketenprogramm belieferte. Am 11. September 2017 jährt sich dieser nach wie vor ungeklärte Kriminalfall zum 55. Mal. Ein guter Anlass, der These von Raviv/Melman auf den Grund zu gehen.

Weiterlesen „„Am helllichten Tag kann ja nichts passieren“: Das rätselhafte Verschwinden des Heinz Krug“

Die Entführung des „Strumpfkönigs“: Der Fall Palmers & ein „Hauch von RAF“ in Österreich

Vor 40 Jahren, im Herbst 1977, verschleppten Terroristen den Industriellen Walter Palmers. Vier Tage lang hielt das Land den Atem an. Anhand von Ermittlungsakten und Zeitzeugeninterviews lässt sich das Gesehen rekonstruieren.

Es geht alles ganz schnell an diesem verregneten Novemberabend: Der 74-jährige Walter Michael Palmers hat gerade seinen VW Golf vor der Villa in der Währinger Hockegasse geparkt. Als er absperren will, wird er von allen Seiten gepackt: „Ich wollte Hilfe rufen, aber ich habe nur mehr ‚Hi…‘ herausgebracht, dann wurde mir der Mund zugehalten“.

Die maskierten Kidnapper setzten ihrem Opfer eine schwarz lackierte Skibrille auf und hieven Palmers auf den Rücksitz eines Peugeots. Kurze Zeit später steigen sie mit ihm in einen VW-Kastenwagen um. Nach „etwa 15 oder 20 Minuten“ Fahrt halten sie erneut. Sie wickeln Palmers in eine Matratze ein, zwei Personen tragen ihn schräg abwärts. Jemand betätigt einen Rollbalken.

Als Palmers die Brille abnimmt, findet er sich in einem Raum wieder, in dem sich ein 1,30 mal 2,30 Meter großer Verschlag befindet – darin eine Campingliege, ein Bestelltisch und ein Kübel für die Notdurft. Die Entführer nennen es „Volksgefängnis“. Fast 100 Stunden muss Palmers hier ausharren.

Erschienen in: Vice Austria, 3. 9. 2017

Mehr lesen: https://www.vice.com/de_at/article/vbb8my/die-entfuhrung-des-strumpfkonigs-der-fall-palmers-und-ein-hauch-von-raf-in-osterreich

„Schwarzer September“: Der Terrorismus der 1970er Jahre und das Münchner Olympia-Attentat

Vor 45 Jahren, am 5. September 1972, überfielen acht schwer bewaffnete „Fedajin“ (Märtyrer) das Quartier der israelischen Mannschaft im Olympischen Dorf und nahmen elf Geiseln. Zwei der Sportler wurden im Handgemenge ermordet. Die laxen Sicherheitsbestimmungen der „heiteren Spiele“ hatten es den Palästinensern leicht gemacht. Spätabends scheiterte ein dilettantischer Befreiungsversuch der bayrischen Polizei: Am Ende der stundenlangen, chaotischen Schießerei waren neun Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist tot.

Das Münchner Olympia-Attentat war eine Wegscheide in der Entwicklung des modernen Terrorismus. Zuvor hatten nationale Bezüge vorgeherrscht. Man denke an den Nordirland-Konflikt oder das Baskenland. Die Münchner Geiselnahme dagegen wurde transnational vorbereitet und durchgeführt – mit der Intention, weltweite mediale Aufmerksamkeit auf das sogenannte „Palästinenserproblem“ zu lenken. Dabei war die verantwortliche Organisation „Schwarzer September“ mit Akteuren außerhalb des Nahen Ostens verbunden. Unter letzteren sollen sich nicht nur westdeutsche Linksextremisten, sondern auch Neo-Nazis befunden haben.

Weiterlesen „„Schwarzer September“: Der Terrorismus der 1970er Jahre und das Münchner Olympia-Attentat“

De Gaulle muss sterben: Das Attentat von Petit-Clamart

Vor 55 Jahren, am 22. August 1962, wäre Präsident Charles de Gaulle beinahe einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Die Organisation de l’armée secrète (OAS) trachtete ihm nach dem Leben, weil er Algerien in die Unabhängigkeit entlassen wollte. Nur durch Zufall überlebte de Gaulle den Feuerüberfall in einem Pariser Vorort. Die nachfolgende Fahndung nach den OAS-Leuten erstreckte sich bis nach Österreich, wie aus staatspolizeilichen Akten hervorgeht. Die Ereignisse inspirierten Frederick Forsyth zu seinem Bestseller The Day of the Jackal (1971), in dem auch Wien eine Rolle spielt. Und der in Österreich aufgewachsene Fred Zinnemann sollte den Stoff 1973 verfilmen. Eine der ersten Szenen, gleich nach der Rekonstruktion des de Gaulle-Attentats, spielt in der Leopoldstadt – im Schatten des Riesenrads.

Weiterlesen „De Gaulle muss sterben: Das Attentat von Petit-Clamart“

Jagd auf „Mr. Seven“

Über ein Jahrzehnt jagt die Staatspolizei einen gefährlichen „Maulwurf“ in den eigenen Reihen. Dann bietet ein Überläufer Informationen an. Würde „Mr. Seven“ nun enttarnt werden? Neue Dokumente beleuchten einen realen Agentenkrimi aus dem Kalten Krieg.

Bundeskanzler Bruno Kreisky war besorgt. Innerhalb seines engsten Kreises befinde sich ein Spion. Das war die Verständigung, die ihm der schwedische Ministerpräsident Olof Palme zukommen hatte lassen. Und noch mehr: Der Verräter arbeite für die tschechoslowakische Staatssicherheit (Štátna bezpečnosť, StB) – genauso wie der Mann, von dem die Angaben ursprünglich stammten: Jaroslaus Hladik alias Janos Hartl, Deckname „Robek“, hatte sich im Oktober 1973 den schwedischen Behörden gestellt. Polizeichef Carl Person sprach gar von einem „Spitzenagenten des Ostblock in Westeuropa“, der da übergelaufen sei. Ein solcher „Spitzenagent“ war „Robek“ freilich nicht, das sollte sich bald herausstellen. Aber seine Auskünfte in Bezug auf den früheren Einsatzort Österreich wogen schwer. Dort waren in der Vergangenheit bereits mehrere spektakuläre Spionagefälle geplatzt. Immer wieder war die StB darin verwickelt gewesen. Und in Wien wusste man nur allzu gut, dass der von „Robek“ gemeldete „Maulwurf“ tatsächlich existierte. Man nannte ihn „Mr. Seven“ – nach seiner Arbeitsadresse: Herrengasse Nr. 7, Innenministerium.

Mehr lesen: pdf

Erschienen in: Öffentliche Sicherheit, Nr. 7-8/2017, 41-44.

 

 

Otto Skorzeny: Vom Nachleben des „gefährlichsten Mann Europas“

Benito Mussolini war wohl überrascht, als ihm ein großer SS-Mann mit einem langen Schmiss vom Ohr zum Kinn gegenüberstand. Der sagte: „Duce, der Führer hat mir den Befehl gegeben, Sie zu befreien.“ Mussolini soll daraufhin „sehr bewegt“ geantwortet haben: „Ich wusste, dass mein Freund Adolf Hitler mich nicht im Stich lassen wird!“ Es ist der 12. September 1943. Innerhalb von nur zehn Minuten hat ein deutsches Sonderkommando den gestürzten italienischen Diktator aus seiner Haft befreit. Dieses „Unternehmen Eiche“ macht vor allem einen Mann weltberühmt: Otto Skorzeny.

Es ist Zeit, die Legende vom „gefährlichsten Mann Europas“ kritisch zu hinterfragen. Anbei folgt ein Auszug aus meinen diesbezüglichen Artikel, der in der Nr. 1/2017 des Journal of Intelligence, Propaganda and Security Studies erschienen ist. 

http://www.acipss.org/journalbestellung

Weiterlesen „Otto Skorzeny: Vom Nachleben des „gefährlichsten Mann Europas““

Nach Manchester: Wie ist es um die Terrorgefahr in Österreich bestellt?

Für Österreich bedeutet der radikal-islamistische Terrorismus eine große Herausforderung. Und dass obwohl das Land bereits in der Vergangenheit mehrfach Schauplatz terroristischer Gewalt gewesen ist. Die neue Bedrohung passt aber nicht in bekannte Muster. Von daher greift jene Sicherheitsdoktrin nicht mehr, mit der man in den Jahrzehnten davor die Gefahr eindämmte. Aktuell zeigt sich: Der Terrorismus rückt heran, es gibt erste konkrete Drohungen und verfestigte radikale Milieus im Inland. Dementsprechend steht der heimische Antiterrorapparat vor großen Umwälzungen: Das Bundesheer beansprucht eine größere Rolle, während das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) expandiert und die früher passive Haltung aufgibt. Vor allem aber ist es an der Zeit, sich von lange gehegten Gewissheiten zu verabschieden.

Weiterlesen „Nach Manchester: Wie ist es um die Terrorgefahr in Österreich bestellt?“

Wir ziehen in den Cyber-Krieg!

Die jüngsten Fälle von Computerattacken gegen die Telekom Austria, den Flughafen Schwechat oder die Nationalbank zeigen, dass sich Österreich von einer neuen Bedrohung nicht abkoppeln kann. Aber auch die Reaktion darauf birgt Risiken: Mehr Überwachung, mehr Befugnisse für Polizei und Bundesheer und eine generelle Wende hin zu einer Militarisierung der inneren Sicherheit.

Was wäre, wenn plötzlich Bildschirme schwarz würden, Lichtschalter nicht mehr funktionieren, die Ampeln ausfallen und keine Öffis mehr fahren? Kein TV, kein Handy, kein Internet. Nach ein paar Stunden läuft außer batteriebetriebenen Radios praktisch kein Kommunikationsmittel mehr. Selbst Krankenhäuser haben Notstromsysteme für gerade einmal zwei Tage. Viele Produktionsprozesse müssten komplett gestoppt werden – bis hin zu den ganz selbstverständlichen Dingen wie Abwasserentsorgung. Innerhalb kürzester Zeit wäre „Alltag“ nur mehr eine ferne Erinnerung. Es ist die komplexe Vernetzung, die die Achillesferse unserer Zivilisation darstellt. Moderne und hochtechnologisierte Gesellschaften sind auf „kritische Infrastruktur“ angewiesen. Dazu zählen unter anderem Energie, Informationstechnik, Telekommunikation, Wasser, Ernährung, Finanzwesen und staatliche Verwaltung. Ausfälle in diesen Bereichen würden unmittelbare volkswirtschaftliche Schäden nach sich ziehen und uns alle betreffen.

Weiterlesen „Wir ziehen in den Cyber-Krieg!“

„Spionage unter Freunden“: Der BND in Österreich

In Sachen Sammelwut steht der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) der viel kritisierten US-National Security Agency (NSA) in nichts nach. Das belegen immer wieder neue Skandale, von denen auch Österreich betroffen ist. Wie alles begonnen hat, das erzählt ein neu erschienenes Buch.

„Operation Panik“

Ein Brandsatz geht in einer Pizzeria hoch, andere auf Plätzen und in Bahnhöfen. Nur der Zufall verhindert ein Flammeninferno. Zwei Tage lang – am 8. und 9. September 1961 – verüben kleine Gruppen deutscher und österreichischer Studenten Anschläge in mehreren italienischen Großstädten. Diese „Operation Panik“ richtet sich bewusst gegen Zivilisten, was im Südtirolkonflikt bis dahin vermieden worden war. Die Täter stammen von deutschnationalen Burschenschaften. Angestiftet hat sie der Innsbrucker Universitätsdozent Norbert Burger, jahrzehntelang eine Schlüsselfigur der rechtsextremen Szene. Soviel ist bekannt.

Was bislang niemand wusste – ein Tatbeteiligter war Informant des BND. Rainer M., damals Mitglied in der „Olympia“ und Chefredakteur der Zeitung des „Ring Freiheitlicher Studenten“ (RFS), war 1960 in Wien vom deutschen Geheimdienst als „Quelle“ angeworben worden. Er sollte Informationen über die Tschechoslowakei beschaffen. Die Verhaftung in Italien löste in der BND-Zentrale in Pullach Panik aus. Man befürchtete, in die Vorgänge verwickelt zu werden. Aber M. gelang es, seine Verbindungen zu verschweigen.

Diese Episode ist nur ein Beispiel dafür, in welchem Ausmaß der BND während des Kalten Krieges in Österreich aktiv war. Recherchiert hat dies der Südtiroler Journalist und Historiker Christoph Franceschini – als Kapitel der neuen Studie „Spionage unter Freunden“, die am 25. April 2017 im Berliner Ch. Links Verlag erschienen ist.

Mehr lesen:

http://derstandard.at/2000056486078/Spionage-unter-Freunden-Wie-alles-begonnen-hat